Bootszug vor der Konstanzer Rheinbrücke.

Über hundert Boote demonstrierten am 10. Oktober 2020 gegen Felchen-Netzgehege im Bodensee. Das Wetter war mies, aber der Anlass zu wichtig, um zuhause zu bleiben. Auf zahlreichen Transparenten machten die Bootsfahrer ihren Unmut deutlich: "Der Bodensee ist ein Trinkwasserspeicher und kein Zuchtgewässer", "Keine Massentierhaltung im Bodensee" und "Kein Gitterfisch auf dem Mittagstisch" war unter anderem zu lesen.

Die Mehrzahl der Boote wurden von den drei Angelvereinen ASV Friedrichshafen, ASV Konstanz und SFV Kreuzlingen gestellt. Auch die Medien zeigten großes Interesse an der Aktion: Deutsche Presse-Agentur, SWR, Schweizer Fernsehen, Radio 7, SÜDKURIER, Schwäbische Zeitung und Konstanzer Anzeiger waren unter anderem mit dabei.

Vor dem Bootskorso gab es eine Pressekonferenz in der Bootshalle des Angelsportvereins. ASV-Präsident Bertram Wanner und Thomas Lang, ASV-Gewässerwart und Vizepräsident des Landesfischereiverbandes Baden-Württemberg, machten ihre Haltung zu Netzgehegen sehr deutlich. Beide wiesen auf die Gefahr hin, dass über Netzgehege Fischkrankheiten im Bodensee ausbrechen könnten. „Wie leicht Viren sich verbreiten, erleben wir ja gerade in Zeiten von Corona“, sagte Thomas Lang. „Werden 600 Tonnen Felchen auf engstem Raum im Freiwasser gehalten, ist das eine unverantwortliche Gefährdung unseres einzigartigen Ökosystems.“

Lang kam auch auf die Felchen-Aquakulturen in Finnland zu sprechen. Die wird von Seiten der Netzgehege-Befürworter gern als Referenz herangeführt. Dort wird schon seit vielen Jahren Aquakultur in Seen betrieben. Doch Lang betonte: „Finnland hat tausende Seen, und wenn da wenige kleine für Aquakultur genutzt werden, ist das etwas völlig anderes als bei uns. Der Bodensee ist allein aufgrund seiner Größe und ökologischen Bedeutung einzigartig in Baden-Württemberg.“ Zudem zweifelt er an, dass die Situation in Finnland mit der in Deutschland vergleichbar ist: „Wir haben in Deutschland viel höhere Wassertemperaturen, auch ist die Ökologie am Bodensee eine andere als in Finnland.“

Elke Dilger, Berufsfischerin und Präsidentin des Verbandes der badischen Berufsfischer am Bodensee, betont: „Die Mehrheit der Fischer will keine industrielle Aquakultur im Bodensee. Stattdessen wollen wir die Wildfischbestände stärken, so dass die Fischer wieder mehr Felchen im See fangen. Was ökologische Nachhaltigkeit und Tierwohl angeht, ist Binnenfischerei die beste Variante.“

Die anwesenden Politiker von CDU, SPD, FDP und Die Grünen machten klar, dass sie gegen Netzgehege im Bodensee sind. Nese Erikli, MdL der Grünen, betonte, dass ihre Partei  geschlossen hinter den Forderungen der Angler und Berufsfischer stehe. „Auch Ministerpräsident Kretschmann hat das schon deutlich ausgesprochen.“ Klaus Hoher von der FDP unterstützt die Forderung der Angler und Berufsfischer nach einem gesetzlichen Verbot für Aquakultur im Bodensee. Auch Christoph Jeromin von der Bodensee-Wasserversorgung und Thomas Körner vom NABU teilten die Bedenken der Angler und Berufsfischer. Von daher ist die Front gegen Aquakultur im See breit.

Im Anschluss an die Pressekonferenz setzte sich der Korso mit über 100 Booten in Bewegung. Trotz strömenden Regens war die Stimmung gut: Es wurde viel gelacht, und die Fischer und Angler machten mit Hupen und Tröten auf sich aufmerksam. Fahnen und Transparente wurden geschwenkt, einige Boote waren festlich geschmückt. Unterstützung kam auch von den Seglern: Zahlreiche Segelboote unterstützten den Korso, der sich vom Seerhein bis in den Trichter zog.

Die Organisatoren der Veranstaltung – der ASV Konstanz, der Verband der badischen Berufsfischer am Bodensee, die Internationale Arbeitsgemeinschaft der Bodensee-Fischereivereine und der Schweizerische Berufsfischerverband – können hochzufrieden sein. Die auch in den Medien viel beachtete Protestaktion war ein klares Statement gegen Felchenmast im Bodensee.